Zufällig bin ich heute wieder auf diesen süßen Brief eines Neugeborenen von Hannah Lothrop gestoßen. Ein paar von Euch haben ihn vielleicht während der Schwangerschaft im Buch "Das Stillbuch" gelesen.
Ich glaube ich werde Auszüge dieses Briefes im Kinderzimmer aufhängen damit ich ihn immer wieder lesen kann, wenn die Maus wieder einmal in einer anstrengenden Phase steckt.
Lieb Eltern,
ich komme zu Euch als ein kleines, unreifes Wesen
mit der mir ganz eigenen Persönlichkeit. Ich bin nur kurze Zeit Euch – genießt
mich.
Nehmt Euch Zeit herauszufinden, wer ich bin, wie
ich mich unterscheide von Euch und was ich Euch geben kann.
Bitte gebt mir Nahrung, wenn ich hungrig bin. In Deinem
Bauch, Mama, habe ich keinen Hunger gekannt, und Zeit und Uhren sind mir noch
fremd.
Bitte
haltet mich nah an Eurem Körper, liebkost mich, streichelt mich, küsst mich,
erzählt mir. In Deinem Bauch, Mama, fühlte ich mich auch immer getragen und
ganz nah bei Dir. Ich war da nie allein.
Ich
hoffe, Ihr seid nicht zu enttäuscht, wenn ich nicht das perfekte Baby Eurer
Träume und Hoffnungen bin. Seid auch nachsichtig und großzügig mit Euch selbst,
wenn Ihr nicht die perfekten Eltern seid, die Ihr so gern wärt.
Erwartet nicht zu viel
vor mir neugeborenem Baby, und erwartet auch nicht zu viel von Euch als Eltern.
Sechs Wochen für mich, dass ich reifen kann, mich stabilisieren und meinen
Rhythmus finde, und sechs Wochen für Euch wieder allmählich zu Euch zu kommen
und mich in Euer Leben zu integrieren.
Bitte
vergebt mir, wenn ich viel weine. Habt Geduld mit mir. Mit der Zeit werde ich
immer weniger weinen und Euch mit meiner Gesellschaft erfreuen.
Achtet
gut auf mich – schaut mir aufmerksam zu, denn ich kann Euch auch so ohne Worte
sagen, was ich brauche, wie Ihr mich trösten könnt und was mich zufrieden
macht. Ich bin wirklich kein Tyrann, der zu Euch gekommen ist, um Euch Euer
Leben zu vermiesen. Aber der einzige Weg, wie ich Euch momentan zu verstehen
geben kann, dass mir etwas fehlt, ist Weinen.
Bitte
denkt daran, dass ich ganz schön zäh und widerstandsfähig bin. Ich kann schon
viele Fehler aushalten, die Ihr anfangs aufgrund Eurer Unerfahrenheit
natürlicherweise machen werdet. Solange Ihr mich lieb habt, kann eigentlich gar
nichts schiefgehen.
Bitte
achtet auch auf Euch. Seht zu, dass Ihr Euch ausgewogen ernährt und genügend
Ruhe und Bewegung bekommt, damit Ihr Euch in den Zeiten, in denen wir zusammen
sind, gesund und kräftig fühlt. Versucht, zwischen „unwichtig“ und „wichtig“ zu
unterscheiden, seht Dinge etwas gelassener – dann könnt Ihr mich viel besser
genießen.
Und
bitte hegt und pflegt Eure Beziehung zueinander, weil diese mein Nährboden ist
und mir zeigt, wie man Menschen liebhaben kann.
Wenn ich auch momentan Euer Leben ein bisschen
durcheinandergebracht habe, so denkt daran, dass dies nur vorübergehend ist.
Ich danke Euch beiden,
Euer Kind Hannah
Lothrop „Das Stillbuch“